Splash 53 - Glück im Unglück

8. Sep 2014

Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. 
Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen
für glücklicher halten, als sie sind.“
Charles-Louis de Montesquieu

In den letzten Jahren feiern die Glücksforscher Hochkonjunktur. Ebenso die Bücher, die sich mit dem Thema befassen. Auch die möglicherweise gut gemeinte Frage „bist du glücklich?", erklingt reihum; von der guten Freundin, dem Partner, aus den Klatschmedien und aus den Mündern der Gilde der positiven Psychologie. Klar: Wer möchte nicht glücklich sein? Aber: Welchen Preis bezahlen wir eigentlich für das Glück? Was sind die Schattenseiten dieser Suche und was die des gefundenen Glücks?

Antworten lesen Sie hier. Und vielleicht sind Sie danach etwas versöhnter, wenn Sie nicht zu den ewig Glücklichen gehören. 

Ihr

Jürg Wilhelm
 

Das Unglück des Glücks...

Glück ist nur eine von sechs Grundemotionen, über die wir Menschen verfügen. Doch keine andere ist so im Gespräch, obwohl nachgewiesen ist, dass wir alle sechs Grundemotionen brauchen, um sozial zu „funktionieren“, wie Antonio Damasio bewies. Neben der Emotion des Glücks ist die der Überraschung eine, die wir gerne in uns haben.

Angst, Wut, Ekel und Trauer sind die vier Grundemotionen, die wir eher ungern annehmen wollen. Doch warum sind die ungeliebten Emotionen dann in der Überzahl? Was will die Biologie uns damit Gutes tun? Die Angst bereitet uns auf Flucht vor, ist also evolutionsbiologisch überlebenswichtig, wenn auch im modernen gesellschaftlichen Kontext nicht mehr so bedeutsam. Ekel schützt uns vor Ansteckungen und Infektionen, z. B. bei verdorbenen Lebensmitteln. Wut mobilisiert Kräfte, um uns und andere zu verteidigen und uns gegen Unrecht zu schützen. Aber warum denn Trauer, als das Gegenteil der Emotion Glück?

Die Trauer scheint unserem Gehirn als Warnsignal zu dienen und bereitet es auf ungewohnte, neue Herausforderungen vor. Forschungen zeigen, dass wir in der Trauer unsere Wahrnehmung stärker nach aussen richten und so auch aufmerksamer sind. Wir sind nicht mehr so auf innere und bekannte Modelle der Welt fokussiert, nehmen mehr Informationen aus der Aussenwelt auf. Wir haben ein höheres Mass an gesunder Skepsis und lehnen naive oder unglaubwürdige Erklärungen ab. Zudem argumentieren wir besser. Und: Wir sind empathischer mit anderen Menschen, während die Glücklichen zu Egoismus neigen.

Unter experimentellen Bedingungen – unter Beizug eines Computerspiels - hat der Psychologieprofessor Joseph Forgas gezeigt, dass glückliche Menschen auch ihren Vorurteilen einfacher erliegen, während die traurigen Menschen diese besser reflektieren: Im Spiel wurden Menschen mit muslimischen Kopfbedeckungen gezeigt, die einen harmlosen Gegenstand in der Hand hielten. Die glücklichen Menschen schossen mit dem Joystick signifikant häufiger auf diese, als die traurigen.

Der Grund: Glückliche sind unter anderem manipulierbarer und können so die äusseren Bedingungen schlechter einschätzen. Die traurig gestimmten Menschen lassen sich weniger von irrelevanten Informationen ablenken.

Sie sind zudem die besseren Augenzeugen mit einem besseren faktischen Gedächtnis.

„Glück und Unglück sind Namen für Dinge, deren äusserste Grenzen wir nicht kennen.“ John Locke

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Autor: Jürg Wilhelm, Au-Zürich

Jürg Wilhelm - NLP-Trainer
Lehrtrainer DVNLP @ froschkoenige.ch
NLP Ausbildungen und Life Coach Ausbildungen zum Practitioner, Master und Coach.
Seminare für Systembrett Aufstellungen und Life Coachings