Ein glückliches Neues Jahr, liebe Leserin, lieber Leser
Seit einigen Wochen toure ich mit meiner Partnerin durch Südafrika. Auf Schritt und Tritt begegnen wir einer faszinierenden Geschichte, erzählt von Menschen, welche die Erinnerung in uns wach halten.
„Die Sklaverei“, so Lucy, eine der Erzählerinnen, „ist seit einigen hundert Jahren offiziell vorbei“. „Aber“, erzählt sie weiter, „sie ist noch jeden Tag präsent. Sie ist darin zu sehen, wie die Menschen gehen, wie sie sprechen, was sie arbeiten, wie sie hungern, wie manche betteln.“
„Der Schleier der Geschichte bedeckt immer noch unsere Gesichter“, meinte sie. Auf meine Frage, wer oder was diesen Schleier entfernen könnte, hält sie inne und meint schliesslich nachdenklich: „Nur wir selbst. Aber weisst du, wie könnten wir das alles vergessen? Wie könnten wir jemals vergeben?“
Wie gut ich sie verstehen kann. Und trotzdem habe ich ihr eine Frage gestellt, die im Raum hängen geblieben ist: „Was ist eure – was ist unsere Alternative?“
Diese Frage geht für die viel kleineren Ungerechtigkeiten des Lebens auch an uns alle, denen es so gut geht.
Nelson Mandela, der nach einer 27 Jahre dauernden Gefangenschaft das Land regieren durfte, ist vor einem Jahr verstorben. Doch auch nach seinem Tod kann er uns in der Gabe des Verzeihens für immer ein Lehrer sein.
Seinen Worten zufolge hat er die Kraft, sein Schicksal mit dieser menschlichen Grösse zu überleben und zu verarbeiten, aus einem Gedicht von Ernest Henley geschöpft. Lesen Sie es.
Herzlich
Ihr Jürg Wilhelm
Das Gedicht
Unbezwungen
Aus finstrer Nacht, die mich umragt,
durch Dunkelheit meinen Geist ich quäl.
Ich dank, welch Gott es geben mag,
dass unbezwungen ist meine Seel.
Trotz Pein, die mir das Leben war,
man sah kein Zucken, sah kein Toben.
Des Schicksals Schläge in grosser Schar.
Mein Haupt voll Blut, doch stets erhoben.
Jenseits dieses Orts voll Zorn und Tränen,
ragt auf der Alp der Schattenwelt.
Stets finden mich der Welt Hyänen.
Die Furcht an meinem Ich zerschellt.
Egal wie schmal das Tor wie gross,
wieviel Bestrafung ich auch zähl.
Ich bin der Meister meines Los.
Ich bin der Captain meiner Seel.
Wenn Sie das Originalgedicht von William Ernest Henley lesen und es meisterhaft vorgetragen haben möchten, dann klicken Sie hier: http://friedensbotschafter.de/invictus%20Bezug%20Kino.html
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